Fashion accessoire number one

Dienstag, 03.11.2015

Uru mit seinem feinen Gespür hatte es als erster gemerkt und die Wolken am Vorabend hätten es vermuten lassen können. Nachts um zwei Uhr öffnete der Himmel seine Schleusen und Wasser prasselte wie aus Kübeln auf das Dach des Appartements, unterstützt von Blitzen, Donnerschlägen und Sturmgeheul, das das Wimmern der Klimaanlage wie ein Flüstern erscheinen ließ. Wurde eigentlich schon mitgeteilt, dass Uru knapp zwei Jahre älter als Koko ist? Jedenfalls nahm Uru den kleinen Koko in den Arm und tröstete ihn, dass er keine Angst zu haben brauche, und beide schlüpften mit ins Bett der Reisegruppe, die bei dem Getöse ohnehin nicht schlafen konnte und froh war, sich unter einem festen Dach und nicht unterwegs zu befinden. Nach einer Stunde ließ das Naturphänomen nach. Nun gibt es fast keine Brücken oder Durchlässe und bei Regen werden die Straßen an vielen Stellen von "Floodways" überspült, so dass Bedenken bestanden, ob die Fahrt mit dem 2WD überhaupt fortgesetzt werden könnte. Am Morgen aber erinnerten nur noch kleine Pfützen an das nächtliche Unwetter.

Hingegen war die Temperatur morgens deutlich niedriger und bei moderaten 32 Grad und gutem Wind, der die allgegenwärtigen Fliegen etwas zurückhielt, fuhren die Vier in den Watarrka National Park, nachdem noch im Resort für den bisher höchsten Preis in Australien nachgetankt worden war (2,10 AUD/l; in Städten sonst um 1,35 AUD/l). An der Tankstelle musste erstaunlicherweise erst der Führerschein an der Kasse hinterlegt werden, bevor die Benzinpumpe freigeschaltet wurde. Vermutlich soll so verhindert werden, dass jemand, ohne bezahlt zu haben, davon fährt.

Die kleine Wanderung führte auf dem Kings Creek Walk in den Canyon hinein. Sei er nach seinem Entdecker benannt, sei er nach einem König benannt, die majestätische Bezeichnung gebührt der Schlucht, die sich bis zu 270 m tief eingeschnitten hat, auf jeden Fall. Im Schatten der nahezu senkrechten, rostroten, kargen Wände gedeiht üppige Vegetation in dem mit Felsbrocken übersähten Flussbett. Eine Busladung hatte gerade den Aussichtspunkt verlassen, so dass man dort fast eine halbe Stunde lang den Rundumblick genießen konnte, bevor die nächsten Touristen auftauchten.

Und dann ging es auf die 300 Kilometer lange Fahrt. An der einsamen Strecke stand eine ältere, mollige Aborigine, bunt gekleidet, mehrere Beutel bei sich, am Straßenrand und wunk zum Anhalten. Ihr Mann lag in der Nähe im Schatten eines Baumes, einen Kanister bei sich. Im Wissen, dass hier nicht viele Fahrzeuge vorbei kommen, wurde angehalten, und die Frau erzählte eine längere Geschichte in einem Englisch, das kaum verstanden wurde. Es wurde aber deutlich, dass ihr Mann mitgenommen werden sollte. Als wir zustimmten, holte der Aborigine, der im Gegensatz zu seiner Gemahlin sehr wortkarg und vielleicht auch kaum des Englischen mächtig war, seinen 20-Liter-Kunststoffkanister und quetschte sich damit auf einen hinteren Sitz. Wie weit er mitfahren wollte, blieb ungewiss, doch nach etwa 15 Kilometern äußerte er einige Zischlaute, die zutreffend als Aufforderung zum Anhalten gedeutet wurden. Am Straßenrand stand ein alter weißer Kombi, mit dem er wohl ohne Treibstoff liegen geblieben war. Mit einem kaum vernehmbaren knorrigen "Thank you." verabschiedete er sich, um sein Benzin einzufüllen und zu seiner Frau zurückzufahren. Es blieb rätselhaft, wie die beiden mit dem vollen Benzinkanister in die Einöde gekommen waren und es dauerte einige Zeit, bis der Benzingeruch im Auto verflogen war.

Weiter ging es nach Yulara (etwa 1.000 Einwohner). Wie jeder weiß, handelt es sich um die viertgrößte Stadt der Nothern Territory, worauf mehrfach hingewiesen wird. Uru konnte sich vor Aufregung kaum zurückhalten und als man sich dem Mt. Conner Lookout näherte, rief er aufgebracht: "Gleich ist es soweit!" Und dann öffnete sich der Blick auf den noch gut 100 Kilometer entfernten Uluru (Ayers Rock), leider mit etwas diesiger Sicht, aber der Majestät des aus der Ebene solitär herausragenden Felsgebildes tat das keinen Abbruch. Doch führt die Straße nicht in Richtung des Felsens, sondern zunächst in einem weiten Bogen darum herum, so dass es noch über eine Stunde dauerte, bis die Unterkunft im Ayers Rock Resort erreicht wurde, die etwa 20 Kilometer vom Felsen entfernt liegt. Mit dem geräumigen Appartement ist die Reisegruppe sehr zufrieden und wird hier gerne drei Nächte zubringen. Ausser einem Wohnbereich, abgetrenntem Schlafzimmer und einer voll eingerichteten Küche sind eine eigene Waschmaschine und ein eigener Wäschetrockner vorhanden, so dass eine mitreisende Münsteranerin in Jubel ausbrach.

Nur die Terrasse wird wohl nicht genutzt werden, denn mit den lästigen Fliegen möchte man sie nicht teilen. Um bei den weiteren Ausflügen nicht mehr so stark belästigt zu werden, erwarben die Fernreisenden das Outback-Modeaccessoir Nummer Eins, den Kopf verhüllende Fliegennetze. Koko und Uru können darauf verzichten.

Als höchste Temperatur wurden im Tagesverlauf nur 36 ºC erreicht.

Ein bewegendes Gefühl war es, gegen 19 Uhr auf dem Imalung Lookout stehend dem Sonnenuntergang beizuwohnen. Der Uluru wurde von einer Seite beleuchtet, während die gelbrote Sonne direkt hinter Kata Tjuta (den Olgas) versank.